Führungsstile
Der Höchste sei aller Diener
Das Grundprinzip, das Jesus zur Führung
entwickelt.
Führung als Dienstleistung
Und er kam nach Kapernaum; und als er zu Hause angelangt war, fragte er
sie: Was habt ihr unterwegs miteinander verhandelt? Sie aber schwiegen;
denn sie hatten unterwegs miteinander verhandelt, wer der
Größte sei. Und er setzte sich und rief die Zwölf und
sprach zu ihnen: Wenn jemand der Erste sein will, so sei er von allen der
Letzte und aller Diener. Und er nahm ein Kind und stellte es mitten unter
sie; und nachdem er es in die Arme genommen, sprach er zu ihnen: Wer ein
solches Kindlein in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer
mich aufnimmt, der nimmt nicht mich auf, sondern den, der mich gesandt
hat. (Evangelium nach Markus 9, 33-37)
Das ist die menschliche Natur, in jeder Gruppe gibt es
Positionskämpfe, „wer der Größte sei”. Also
ist es nicht erstaunlich, dass das auch unter den Jüngern so ist. So
ist es bis auf den heutigen Tag auch in jeder Gemeinde. Also auch unter
den Christen, einfach überall wo Menschen zusammenkommen, finden wir
dieses Phänomen. Es ist Bestandteil unserer menschlichen Natur.
Grundsätzlich ist dieses Verhalten eine Triebkraft für
Leistung. Fühlen sich Menschen unter Druck, so zeigen sie Leistung.
Konkurrenz belebt das Geschäft. Dies sind gängige
Vorstellungen, die wohl auch nicht so ganz falsch sind. Eine solche
Einstellung setzt für die Führungskraft natürlich voraus,
dass sie beobachtet, gelegentlich eingreift, damit alles für die
Firma in die gewünschte Richtung geht, aber an sonsten das freie
Spiel der Kräfte ermöglicht, damit am Ende der Beste
gewinne.
Nicht so Jesus. Er fragt nach, was sie denn da gemacht haben. Und die
Jünger bekommen ein schlechtes Gewissen. Sie schweigen. Dann sagt
Jesus dieses große Wort:
„Wenn jemand der Erste sein will,
so sei er von allen der Letzte und aller Diener.” Welch ein
Wort. Und doch ist dieses Wort wichtig für
Führungsverantwortung. Wer ein Unternehmen, ein Projekt oder auch
nur eine kleine Gruppe führt, der soll doch im allgemeinen eine
Aufgabe erfüllen. Er soll es ermöglichen, dass eine bestimmte
Arbeit optimal durchgeführt werden kann. Er soll die Mitarbeiter in
die Lage versetzen, dass sie ihre Teilaufgabe verstehen und erfüllen
können. Er muss die Ressourcen bereit stellen, Abläufe
optimieren, Lasten und Belastungen gleichmäßig verteilen. Er
muss erkennen, wo zur Problemlösung beigetragen wird und wo nur
Reibungsverluste entstehen, wo Mitarbeiter vielleicht Dinge tun, die vor
10 Jahren nötig waren, jetzt aber überflüssig geworden
sind.
So ist die Führungskraft, wenn man ein wenig mehr darüber
nachdenkt, in der Tat ein Dienstleister, ein Dienstleister, der sinnvolle
Arbeit ermöglicht, indem er erreichbare Ziele setzt, angemessene
Ressourcen bereit stellt und selbst dafür sorgt, dass der eigene
Beitrag zum großen Ganzen die ihm selbst gesetzten Ziele
erfüllt. Beim selbständigen Unternehmer sind die ihm selbst
gesetzten Ziele auch gleichzeitig die von ihm selbst gesetzten Ziele. Bei
einer in einer Hierarchie eingebetteten Führungskraft sind es die
Ziele, die die nächste Hierarchiestufe gesetzt hat. In diesem Licht
scheint das Wort von Jesus plötzlich außerordentlich modern.
Er sieht sich nicht als der absolute Herrscher seiner Jünger. Paulus
beschreibt dies sehr eindrucksvoll im Brief an die Philipper (Phil. 2,
6+7)
„welcher, da er sich in Gottes Gestalt befand, es nicht wie
einen Raub festhielt, Gott gleich zu sein; sondern sich selbst
entäußerte, die Gestalt eines Knechtes annahm und den Menschen
ähnlich wurde, und in seiner äußern Erscheinung wie ein
Mensch erfunden, sich selbst erniedrigte und gehorsam wurde bis zum Tod,
ja bis zum Kreuzestod.” Dieser Jesus Christus hat seine Aufgabe
erfüllt bis zum Kreuzestod. Er hat seine eigenen Fähigkeiten,
seine Herkunft, nicht zum Anlass genommen, sich zu überheben,
sondern ist seinem Herrn, Gott, dem Vater, treu geblieben. Diese Tugenden
wurden in Deutschland schon einmal gelehrt, als sich der
Preußenkönig Friedrich der Große als erster Diener
seines Staates bezeichnete. Ganz im Gegensatz dazu steht die Karrikatur
von Führungskraft, die ihre Stellung genießt und sich eine
Privilegie nach der anderen verschafft, weil sie an ihrer Aufgabe
eigentlich nur der Status reizt. Viele von diesen Typen fegt der
Konkurrenzdruck erfreulicher Weise sehr schnell weg. Aber leider nicht
alle.
Jesus praktiziert dieses Wort, wie wir aus der Passionsgeschichte wissen
(Evangelium nach Johannes, 13, 1-17):
Vor dem Passahfeste aber, da Jesus wußte, daß seine Stunde
gekommen sei, aus dieser Welt zum Vater zu gehen: wie er geliebt hatte
die Seinen, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende. Und
während der Mahlzeit, als schon der Teufel dem Judas, Simons Sohn,
dem Ischariot, ins Herz gegeben hatte, ihn zu verraten, obgleich Jesus
wußte, daß ihm der Vater alles in die Hände gegeben habe
und daß er von Gott ausgegangen sei und zu Gott hingehe, steht er
vom Mahle auf, legt seine Kleider ab, nimmt einen Schurz und
umgürtet sich; darauf goß er Wasser in das Becken und fing an,
den Jüngern die Füße zu waschen und sie mit dem Schurz zu
trocknen, mit dem er umgürtet war. Da kommt er zu Simon Petrus, und
dieser spricht zu ihm: Herr, solltest du mir die Füße waschen?
Jesus antwortete und sprach zu ihm: Was ich tue, weißt du jetzt
nicht, du wirst es aber hernach erfahren. Petrus spricht zu ihm:
Nimmermehr sollst du mir die Füße waschen! Jesus antwortete
ihm: Werde ich dich nicht waschen, so hast du keine Gemeinschaft mit mir.
Simon Petrus spricht zu ihm: Herr, nicht meine Füße nur,
sondern auch die Hände und das Haupt! Jesus spricht zu ihm: Wer
gebadet ist, hat nicht nötig, gewaschen zu werden, ausgenommen die
Füße, sondern er ist ganz rein. Und ihr seid rein, aber nicht
alle. Denn er kannte seinen Verräter; darum sagte er: Ihr seid nicht
alle rein. Nachdem er nun ihre Füße gewaschen und seine
Kleider angezogen hatte, setzte er sich wieder zu Tische und sprach zu
ihnen: Versteht ihr, was ich euch getan habe? Ihr heißet mich
Meister und Herr und saget es mit Recht; denn ich bin es auch. Wenn nun
ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so
sollt auch ihr einander die Füße waschen. Denn ein Vorbild
habe ich euch gegeben, damit auch ihr tut, wie ich euch getan habe.
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, der Knecht ist nicht größer
als sein Herr, noch der Gesandte größer als der ihn gesandt
hat. Wenn ihr solches wisset, selig seid ihr, so ihr es tut.
Diese Geschichte hat sehr viele Dimensionen, die hier nicht betrachtet
werden sollen. Da ist der Verräter Judas. Da ist aber auch das
Bewußtsein Jesu: Er ist sich seiner Größe bewusst:
„Jesus wusste, dass ihm der Vater alles in die Hände
gegeben habe und dass er von Gott ausgegangen sei und zu Gott
hingehe.” Dieses wissen um seine Größe verführt
ihn aber nicht dazu, jetzt noch einmal groß aufzutrumpfen.
„Über den Satan lesen wir in der Offenbarung des Johannes
12, 12): Wehe der Erde und dem Meere! Denn der Teufel ist zu euch
hinabgestiegen und hat einen großen Zorn, da er weiß,
daß er nur wenig Zeit hat.” Führungskräfte, die
merken, dass ihre Zeit kurz wird, neigen eher zu der zweiten Lösung.
Weil sie wissen, dass sie nur noch wenig Zeit haben, lassen sie ihren
Mutwillen an Untergebenen aus. Sie nutzen die verbleibende Zeit noch, um
unliebsame Menschen zu drangsalieren, um noch ein letztes mal ihren
eigenen Willen durch zu setzen. Insbesondere ist dies die Stunde der
Rache an Menschen, die man als Führungskraft nicht als loyal,
vielleicht sogar als Verräter empfunden hat. Nicht so Jesus. Er
nutzt die Zeit, seinen Jüngern die Füße zu waschen. Mit
dieser Geste setzt er um, was er von seinen Jüngern gefordert hat:
„Wenn jemand der Erste sein will, so sei er von allen der Letzte
und aller Diener.” Diese Demutsgeste Jesu ist in dieser Form
sicher nicht unser Ding, da sie in unseren Breiten keine Tradition hat.
Sie hat aber schon eine tiefe und bildhafte Aussage: Indem Jesus den
Jüngern die Füße wäscht, tut er, das der Hausherr
tut, der einen Gast in sein Haus aufnimmt. Damit ist der Gast rein, in
das Haus zu kommen. Er befreit den Gast vom Schmutz der Straße.
Es ist auch Aufgabe der Führungskraft, den Mitarbeiter vom Staub der
Straße zu befreien, damit er fähig wird, in das Haus
einzuziehen. Oder, um es explizit zu sagen: Es ist Aufgabe der
Führungskraft, dafür zu sorgen, dass die Arbeit weiter gehen
kann, das der Mitarbeiter in die Lage versetzt wird, in das Haus
einzuziehen, letztendlich also auch die Nachfolge anzutreten. Dies ist
nicht jedermanns Ding, einen Nachfolger aufzubauen. Manch einem kommt da
eher die Wut und die lässt er dann auch gerne aus.
Jesus setzt hier ein ganz anderes Zeichen: Führung als
Dienstleistung. Er war seiner Zeit halt weit voraus. Auch nach 2000
Jahren haben nur ganz wenige die Kraft erkannt, die ich freilegen kann,
wenn ich einen Menschen aufbaue, wenn ich ihn in die Lage versetze, etwas
zu gestalten, etwas zu erreichen. Da ziehen es viele vor, mit Angst zu
operieren und die eigene Größe zu zelebrieren. Jesus geht
einen ganz anderen Weg, und dieser Weg mutet sehr modern und
zielführend an: Führung als Dienstleistung.
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