Predige das Wort

Überlegungen zum Glauben an Jesus Christus






Aspekte des Glaubens

Kapitel 6
Konsequenzen für den Umgang mit Religionen

Die vorangehenden Kapitel haben verdeutlicht, dass es gute Gründe gibt mit dem Erfahrungsschatz der Menschheit, wie er sich in der Wissenschaft niederschlägt in der Weise kritisch um zu gehen, dass wir immer den Gedanken mit einbeziehen, dass die eine oder andere Theorie doch noch in sich zusammen bricht und auch, dass Dinge, die uns plausibel erscheinen, vielleicht nur auf Grund unseres beschränkten Wissens plausibel sind und sich bei vertieftem Hinsehen dann doch als falsch erweisen.

Dies hat deutliche Konsequenzen, die in diesem Kapitel betrachtet werden sollen.

Wenn ich aus der Wissenschaft nur Zeit-bezogene Aussagen erhalte, wenn die Wissenschaft keine allgemeingültigen Aussagen machen kann, dann gibt es also auch keinen Gottesbeweis aus der Wissenschaft heraus. Es gibt viele Gründe, dass wir die Annahme, dass ein Gott ist, für plausibel halten sollten. Aber es gibt keinen Beweis, dass ein Gott ist. Der Glauben kann auch von frommen Menschen nicht listig umgangen werden, indem sie sich einen Gottesbeweis zu Recht legen. Wir müssen glauben, dass ein Gott ist. Die Tatsache, dass so etwas Unwahrscheinliches wie das sich selbst reproduzierende Leben innerhalb der unbelebten Welt überhaupt existiert, ist zwar ein guter Grund, an die Existenz eines Schöpfers zu glauben, aber sie ist kein Beweis. Es ist recht unwahrscheinlich, dass irgendwo in den Bergen des Himalaya ein Mensch sitzt, der seit 10 Jahren würfelt und immer die 6 würfelt. Viel wahrscheinlicher ist es, dass der Kerl hoch intelligent ist und seinen Würfel entsprechend präpariert hat. Aber widerlegen kann ich diese Aussage nicht. So kann auch keiner die Theorie wiederlegen, das Autos dadurch entwickelt, dass man Metallteile in eine große Kiste packt und dann lange genug schüttelt. Plausibler ist schon die Annahme, dass die Automobilkonzerne Entwicklungsabteilungen haben, wo ernsthaft gearbeitet wird. Wenn wir uns diese kleinen Beispiele vor Augen halten, dann wird klar, dass es keinen Gottesbeweis geben kann, obwohl es sehr plausibel ist, zu glauben, dass ein Gott ist. Wie auch die Annahme, dass die Automobilindustrie ihre Entwicklungsabteilungen nur hat, um den Kunden zu schröpfen, wenig plausibel ist.

Es ist aber der Glaube ein Beharren auf dem, was man hofft, eine Überzeugung von Tatsachen, die man nicht sieht.

So steht es am Anfang des 11. Kapitels des Hebräerbriefes und an dieser Aussage kommen wir, wenn wir ernsthaft darüber nachdenken, nicht vorbei. Glaube ist ein Beharren, andere übersetzen ein Für-Wahr-Halten von Dingen oder Tatsachen, die man nicht sieht. Aus heutiger Sicht würde ich hinzufügen, dass es sich um Dinge handelt, die man nicht beweisen kann.

Wenn dem aber so ist, so kann ich auch niemanden zwingen, meinen Glauben zu übernehmen, sondern muss den dornigen Weg der Überzeugung gehen, weil Glaube etwas sehr persönliches ist und nicht dadurch entsteht, dass jemand unter Druck oder um seine Ruhe zu haben sagt: «Na, du wirst schon Recht haben.» Toleranz gehört also zum Glauben zwingend hinzu, da er sonst gar nicht entstehen kann, da ja die Möglichkeit der Beweisführung nicht existiert.

Wenn wir hier von Toleranz reden, so meint dies ganz klar die politische Toleranz. Es meint nicht die intellektuelle Toleranz in dem Sinne, dass es vielleicht egal ist, an was die Menschen glauben, Hauptsache, sie glauben, damit sie ruhig sind und keine Angst vor dem Tod haben. Dies wäre eine völlige Verkennung der Beispiele, die wir im vorangehenden angeführt haben. Die Tatsache, dass ich die Bahn eines Teilchens nach Newton und nach Einstein berechnen kann und dabei zu unterschiedlichen Bahnkurven komme, heisst ja nicht, dass das Teilchen nicht tatsächlich eine Bahnkurve hat. So ist es auch mit dem Glauben. Dass ich Gott nicht beweisen kann, heisst ja nicht, dass er damit beliebig ist. Er existiert unabhängig von meinem Glauben und offenbart sich. Ich kann ihn nicht gedanklich erschließen, ich muss seine Offenbarung für mich annehmen. Und damit wird es zunächst einmal schwierig.

Wo finde ich denn diese Offenbarung. Da haben sich bereits viele als Propheten, Heilsbringer, Philosophen und ähnliches aufgeschwungen und ein Bild von Gott gemalt und gesagt: «Das ist er.» Wie soll der arme Mensch sich da zu Recht finden. In der Tat, dies ist nicht leicht und der ganze Prozess offenbart, was Glauben eigentlich ist.

Es ist aber der Glaube ein Beharren auf dem, was man hofft, eine Überzeugung von Tatsachen, die man nicht sieht.

Dies bedeutet doch, dass ich in den Prozess des Glaubens erst einmal einsteigen muss. Ich muss erst einmal eine Tatsache annehmen. Ich muss etwas wagen. Ich muss aus dieser bei vielen Menschen sehr beliebten Position der Beliebigkeit heraus und eine Tatsache erst einmal annehmen, so wie ein Physiker eine Theorie erst einmal annimmt und durchdenkt. Wenn er das getan hat, wird er Experimente machen. Er wird sich Konsequenzen überlegen und wird schauen, ob er diese Konsequenzen auch findet. Dann wird er Vertrauen zu seiner Theorie gewinnen. So auch im religiösen Bereich: Der Mensch nimmt einen Glauben an, weil er ihn bei anderen Menschen in seiner Wirkung gesehen hat. Dann wird er sich mit den Konsequenzen dieses Glaubens beschäftigen. Und dann wird sich entweder Enttäuschung breit machen, wie bei dem Physiker, der merkt, dass seine Experimente ganz anders ausgehen als gedacht und er merkt, dass seine Theorie falsch ist. Oder es entsteht diese Überzeugung, die aus der Erfahrung wächst, dass meine gebete gehört werden, dass dieser Gott keine Fiktion oder philosophische Kategorie ist, sondern dass er Wirkung in meinem Leben zeigt. Aber man kann diese Schritte nicht umkehren: Erst muss ich in den Glaubensprozess einsteigen, dann werde ich die persönlichen Erfahrungen machen. Der Schreiber des Hebräerbriefes drückt dies in Kapitel 11 Vers 6 so aus: Ohne Glauben aber ist es unmöglich, ihm wohlzugefallen; denn wer zu Gott kommen soll, muss glauben, dass er ist und die, welche ihn suchen, belohnen wird.

Damit sind zwei Dinge klar: Der Glaube kommt von außen und kann nicht aus mir selbst entstehen. Ich muss aber diesen Glauben erst einmal annehmen, in dieses Für-Wahr-Halten eintreten, damit ich die Erfahrungen machen kann, die erst das Vertrauen entstehen lassen, das zu einem tiefen Glauben führt. Aber klar ist auch, dass diese Erfahrungen zu keiner Zeit den Glauben ersetzen werden.

Die Hauptgedanken sind also, dass Glaube nicht ersetzbar ist. Es gibt keine intellektuellen Beweise, die mich zu dieser oder jener Religion zwingen. Es ist das Beispiel von Menschen, die mir nahe stehen und die ich für vertrauenswürdig halte, das mich in eine bestimmte Richtung führt. Es ist die persönliche Erfahrung mit diesem Glauben, die mir Gewissheit verschafft, die aber den Glauben nicht ersetzt. Nie werde ich Gott wissen, immer nur glauben. Allerdings ist der Glaube keine Beliebigkeit sondern er treibt mich zu Erfahrungen mit dem lebendigen Gott, die mein Leben verändern. Wenn diese Erfahrungen mit dem lebendigen Gott ausbleiben, dann ist die Theorie wohl falsch, die ich anwende und ich sollte sie überprüfen und fragen, ob meine religiösen Vorstellungen noch etwas mit der religiösen Wirklichkeit eines lebendigen Gottes zu tun haben.






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Überblick ... Glaubensthesen

Kapitel 1 ... Alle Menschen glauben

Kapitel 2 ... Wissenschaftliche Erkenntnis war zu jeder Zeit unvollständig

Kapitel 3 ... Glauben im Bereich der persönlichen Beziehungen

Kapitel 4 ... Einige grundlegende Fragen, was glaubhaft ist

Kapitel 5 ... Die Wahrheit kann nur von außen kommen

Kapitel 6 ... Konsequenzen für den Umgang mit Religionen

Kapitel 7 ... Der Mensch ohne Glauben verhungert

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